Edith Stein

Edith Stein

Edith Stein (Teresia Benedicta a Cruce)

Karmelitin (OCD), Philosophin, Märtyrin, Heilige, Mitpatronin Europas

Lebenslauf

12. Okt. 1891 geboren in Breslau als Tochter einer jüdischen Familie
1911-1915 Studium der Psychologie, Germanistik, Geschichte und Philosophie in Breslau und Göttingen
1915 freiwilliger Dienst im Seuchenlazarett in Mährisch-Weißkirchen
1916 Promotion zum Dr. phil an der Universität Freiburg
1916-1918 Assistentin ihres Doktorvaters Edmund Husserl in Freiburg
1919-1933 Lehrtätigkeit in Breslau, Speyer und Münster, Vorträge auf pädagogischen Studientagen und Kongressen im In- und Ausland
1. Jan. 1922 Taufe und Aufnahme in die röm.-kath. Kirche
1933 Verbot der Lehrtätigkeit durch die NDSAP
1933 Eintritt in das Karmelitinnenkloster Köln
1938 wegen der Judenverfolgung Übersiedlung in den Karmel Echt/Holland
1942 Verhaftung durch die Gestapo und Deportation nach Auschwitz
9. Aug. 1942 Tod in Auschwitz
1998 Heiligsprechung

Kindheit, Ausbildung und philosophische Arbeiten

Edith Stein wurde als jüngstes von elf Kindern in eine jüdisch-orthodoxe Familie geboren. Vier der Geschwister waren bereits vor Ediths Geburt verstorben. Ihr Vater, der Kaufmann Siegfried Stein, starb, als Edith etwa ein Jahr alt war. Die früh verwitwete Mutter Auguste Stein, geborene Couran, führte den Holzhandel weiter und ermöglichte allen Kindern eine solide Ausbildung.

Nach neun Schuljahren verließ die begabte Schülerin 1906 vorzeitig das zehnjährige Lyzeum in Breslau und half fast ein Jahr lang ihrer ältesten Schwester Else Gordon in Hamburg, die zwei Kinder hatte. Zu der religiösen Tradition ihres Elternhauses entwickelte die junge Edith Stein ein kritisches Verhältnis und verstand sich zeitweilig als Atheistin. Zurück in Breslau finanzierte die Mutter kurze Zeit Privatunterricht, so dass Edith 1908 nach einer Prüfung, ohne die 10. Klasse absolviert zu haben, in die 11. Klasse des Gymnasiums aufgenommen wurde und dort 1911 ein sehr gutes Abitur ablegte.

An der Universität Breslau begann sie anschließend ein Lehramtsstudium und belegte die Fächer Psychologie, Philosophie, Geschichte und Germanistik. Sie wollte schon damals, wie sie rückblickend schrieb, der «Menschheit dienen». Später studierte sie an der Universität Göttingen und Freiburg im Breisgau, zuletzt wieder in Breslau. Nach ihrem Staatsexamen und der Doktorarbeit 1916 mit dem Thema Zum Problem der Einfühlung war sie bis 1918 wissenschaftliche Assistentin ihres Doktorvaters, des Philosophen Edmund Husserl, in Freiburg. Obwohl mit Auszeichnung promoviert, wurde sie nicht zur Habilitation zugelassen. An der Universität Göttingen legte sie 1919 erfolglos die Habilitationsschrift Psychische Kausalität vor; in Breslau und Freiburg im Breisgau bewarb sie sich vergebens mit der philosophischen Abhandlung Potenz und Akt. Alle vier Versuche, zur Habilitation zugelassen zu werden, scheiterten an dem Faktum, dass sie eine Frau war. Edith Stein überarbeitete und beendete die Schrift in der NS-Zeit 1936 unter dem Titel Endliches und ewiges Sein; sie konnte erst nach Kriegsende 1950 veröffentlicht werden. Die Schrift ist ein Grundriss der Ontologie. Edith Stein setzte sich darin mit dem Denken von Thomas von Aquin, Husserl und Heidegger auseinander.

Konversion und Arbeit als Lehrerin

Den Wendepunkt im Leben Edith Steins bildete die Lektüre der Autobiographie der hl. Teresa von Ávila. Am 1. Januar 1922 wurde Edith Stein in Bad Bergzabern durch die Taufe in die römisch-katholische Kirche aufgenommen. Ostern 1923 siedelte Edith Stein in die Pfalz über, wo sie durch Vermittlung ihres geistlichen Begleiters Joseph Schwind, Domkapitular, eine Stelle als Lehrerin an den Schulen der Dominikanerinnen von St. Magdalena in Speyer übernahm.

Zwischen 1927 und 1933 hatte sie intensiven Kontakt zur Erzabtei Beuron; fünfzehn Aufenthalte sind nachgewiesen. Der Beuroner Erzabt Raphael Walzer hielt sie über Jahre von ihrem Plan ab, in den Karmel einzutreten, und bat sie, weiterhin und verstärkt in der Öffentlichkeit zu wirken. Daher wechselte Edith Stein 1932 zum katholischen Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster (Westfalen), wo sie besonders gern die Kirche St. Ludgeri besuchte. In Münster beschäftigte sie sich u. a. mit Thomas von Aquin. In dieser Zeit begegnete sie dem Philosophen Peter Wust. Sie hielt Vorträge zur Frauenfrage und zu Problemen der neueren Mädchenbildung.

Beginn der Verfolgung und Eintritt in den Orden

Nach der Machtübergabe im Januar 1933 gipfelten die immer häufigeren Ausschreitungen der Nationalsozialisten gegen die Juden am 1. April 1933 im Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte und der dadurch erzeugten Pogromstimmung. Mitte April schrieb Edith Stein einen Brief an den damaligen Papst Pius XI., mit der Bitte öffentlich gegen die Judenverfolgung zu protestieren. Eine direkte Antwort aus dem Vatikan erhielt Edith Stein zwar nicht, aber der Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli (der spätere Papst Pius XII.) schrieb dem Erzabt Walzer, dass der Brief pflichtgemäß dem Papst vorgelegt worden sei. Die Hoffnungen Edith Steins auf eine öffentliche Stellungnahme seitens des Vatikans wurden enttäuscht.

Auf Druck des Naziregimes gab Edith Stein schließlich Ende April 1933 ihre Stelle in Münster auf, um das Institut vor Schaden zu bewahren, wie er bei weiterer Anstellung einer gebürtigen Jüdin zu erwarten gewesen wäre. Ein dezidiertes Lehrverbot oder ein Kündigungsschreiben erhielt sie nicht.

Am 14. Oktober 1933, zur ersten Vesper des Hochfests ihrer Namenspatronin Teresa von Ávila, trat Edith Stein mit 42 Jahren als Postulantin in den Karmel Maria vom Frieden in Köln ein und nahm zur Einkleidung ein halbes Jahr später den Ordensnamen Teresia Benedicta a Cruce (d. h. „die vom Kreuz Gesegnete“) an. Zwei Jahre später, 1936, ließ sich auch Ediths ältere Schwester Rosa Stein (1883–1942) taufen. Rosa Stein lebte später als Gast und Tertiarin im Karmel in Köln und betreute die Pforte.

Übersiedlung nach Echt und Ermordung

Um den Kölner Karmel zu schützen, siedelte Edith Stein mit ihrer Schwester Rosa 1938 in den Karmel im niederländischen Echt über. Als während der deutschen Besatzung der Niederlande die Deportation von Juden begann, baten katholische, protestantische und calvinistische Vertreter den Reichskommissar Arthur Seyß-Inquart, diese einzustellen. Insbesondere baten sie darum, die getauften Juden zu verschonen. Darauf hin bot Seyß-Inquart an, alle vor 1941 getauften Juden zu verschonen, wenn die Kirchen auf einen Protest von der Kanzel verzichteten. Der katholische Erzbischof von Utrecht, Johannes de Jong, veröffentlichte am 26. Juli 1942 einen Hirtenbrief gegen das Vorgehen der Deutschen gegen die Juden. Als Reaktion darauf wurden 244 zum Katholizismus konvertierte ehemalige Juden, darunter auch Edith und Rosa Stein, am 2. August 1942 von der Gestapo verhaftet und in das Durchgangslager Westerbork verbracht.

Von dort wurden die beiden Schwestern Stein am 7. August mit der Reichsbahn in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort am 9. August 1942 in der Gaskammer ermordet. Ein letztes Lebenszeichen Edith Steins stammt vom Bahnhof Schifferstadt, wo der Transport am 7. August gegen 13 Uhr kurz hielt. Es war Edith und Rosa Stein nicht mehr möglich gewesen, aus Echt in den Schweizer Karmel Le Pâquier zu fliehen. Anscheinend hatte der Konvent von Le Pâquier die Gefährdung nicht klar genug erkannt, so dass zu viel Zeit mit der Beschaffung der notwendigen Dokumente und der Unterkünfte verstrich. Es wird aber auch berichtet, dass Edith Stein eine privilegierte Rettung für sich selbst ablehnte.

Auch nach ihrer Konversion fühlte sich Edith Stein als zum jüdischen Volk gehörend. Die Taufe und der Ordenseintritt elf Jahre später rief Spannungen in der Familie hervor, vor allem mit ihrer Mutter, die ihre Konversion zum Katholizismus als Apostasie verstand.
Edith Stein sah es als ihre Bestimmung, in ihrem Herzen die Leiden ihres Volkes anzunehmen, um sie Gott als Sühne anzubieten: „Ich muss immer wieder an die Königin Ester denken, die gerade darum aus ihrem Volk genommen wurde, um für das Volk vor dem König zu stehen. Ich bin eine sehr arme und ohnmächtige kleine Esther, aber der König, der mich erwählt hat, ist unendlich groß und barmherzig“ schrieb sie im Herbst 1938.
Wie sehr Edith Stein sich ihrer Herkunft bis zuletzt verbunden fühlen musste, zeigt eine der letzten von ihr überlieferten Äußerungen: „Komm, wir gehen für unser Volk!“, als sie und ihre Schwester aus dem Karmel in Echt von der Gestapo zur Vernichtung abgeholt wurden.

Edith Stein wurde am 1. Mai 1987 von Papst Johannes Paul II. in Köln seliggesprochen. Die Heiligsprechung fand am 11. Oktober 1998 in Rom statt. 1999 wurde Edith Stein – zusammen mit der hl. Birgitta und der hl. Katharina von Siena – zur Patronin Europas erklärt.

(Quelle: Wikipedia)